Rheuma: Schmerz mit vielen Gesichtern
Medizin
Laut Österreichischer Rheumaliga leiden rund zwei Millionen Menschen in Österreich zumindest einmal im Jahr unter Schmerzen am Bewegungsapparat, Menschen im höheren Alter seien zu 100 Prozent betroffen. Der Weltrheumatag am 12. Oktober will auf dieses weit verbreitete Krankheitsbild und die Möglichkeiten der Therapien aufmerksam machen und darüber hinaus die Anliegen an Rheuma erkrankter Menschen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken.
Aufhaltbar, aber nicht heilbar
„Rheuma ist eine chronische Erkrankung, die in jedem Alter auftreten kann und leider nicht heilbar, sondern nur aufhaltbar ist. Mit langfristigen Therapien und modernen, nebenwirkungsarmen Medikamenten können wir die Lebensqualität der Patient*innen jedoch deutlich verbessern“, sagt Internist und Rheumatologe Dr. Harald Leiss, Belegarzt der Privatklinik Goldenes Kreuz. Hauptziele der Therapie, sowohl bei degenerativ-rheumatischen als auch bei entzündlich-rheumatischen Formen, sind die Schmerzlinderung und das Erhalten der Gelenksfunktionen.
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen
Im Klinikalltag behandelt der Internist und Experte für Rheumatologie und Schmerzmedizin vorwiegend Patient*innen mit entzündlichem Rheuma. Entzündlich-rheumatische Erkrankungen (Arthritis/Polyarthritis) sind seltener als die nicht-entzündlichen degenerativen Krankheitsformen (Arthrose/Polyarthrose). Bei einer rheumatoiden Arthritis greifen Zellen des Immunsystems das eigene Körpergewebe an, dadurch kommt es zu schmerzhaften Entzündungen in Gelenken und Muskeln. Diese führen langfristig nicht nur zu einem Funktionsverlust der Gelenk, sondern aufgrund der systemischen Entzündung auch zu teilweise schwerwiegenden Folgeerkrankungen. „Deshalb tragen langfristige Therapien mit entzündungshemmenden, immunmodulierenden Medikamenten nicht nur zur Verbesserung der Lebensqualität, sondern auch zur Lebensverlängerung bei“, erklärt Harald Leiss.
Nicht-entzündliche rheumatische Erkrankungen
Etwa 90 Prozent der degenerativen rheumatischen Krankheitsbilder entstehen durch Abnutzung (so genannter Verschleißrheumatismus). „Arthrosen behandeln wir eher symptomatisch: Die Therapiemöglichkeiten sind breiter als beim entzündlichen Rheuma und umfassen neben dem Einsatz nebenwirkungsarmer Medikamente unter anderem auch orthopädische Behandlungen, Physio- und Ergotherapie, Einsatz von autologem Blutplasma oder Hyaluronsäure“, erklärt der Mediziner. Derartige therapeutische Maßnahmen sorgen bei den Patient*innen für Schmerzfreiheit oder -linderung bis zu einem halben Jahr und werden dann wiederholt. Gelingt dies nicht mehr, ist in schweren Fällen der operative Gelenkersatz notwendig.
Interdisziplinäre Abklärung
Um rheumatische Erkrankungen zu erkennen und richtig zu behandeln, ist die interdisziplinäre Abklärung wichtig. „Rheumatolog*innen sind meist nicht Ansprechpartner Nummer Eins, wenn Menschen an Schmerzen – meist an Händen, Vorfüßen und im Rücken – leiden. Oft werden Allgemeinmediziner*innen und Orthopäd*innen zuerst aufgesucht“, erzählt der Primar. Röntgenbefunde und Laboruntersuchungen seien nicht immer eindeutig und deshalb das „Hinausschauen über den Tellerrand des eigenen Tuns“ wichtig, um die Schmerzen richtig einordnen und behandeln zu können.
Tipps vom Experten
Es gibt laut Harald Leiss nur wenige Dinge, die Rheuma-geplagten Menschen zusätzlich helfen: Sinnvoll sei ein gesunder Lebensstil mit Bewegung und Sport, um Übergewicht zu vermeiden und damit die ohnehin schon angegriffenen Gelenke zu schonen. Ein zu hohes Körpergewicht schadet auch deshalb, weil Fettpölsterchen entzündungsfördernde Hormone (Adipokine) produzieren. Auch die Kräftigung von Muskeln und Sehnen unter physiotherapeutischer oder sportwissenschaftlicher Anleitung könnten den Rheuma-Verlauf etwas bremsen. „Vitamin D (als Mikronährstoff für Knochen, Muskeln und Knorpel), Calcium (als Knochenbaustoff) und Fischöl (mit Omega-3-Fettsäuren als Entzündungshemmer) können hilfreich sein. Die angepriesenen Nahrungsergänzungsmittel wie Schwefel und Weihrauch bringen hingegen laut Studien leider nur Placeboeffekte“, betont der Rheuma-Experte.
Zum Arztprofil von Dr. Harald Leiss